Freitag, 11. Dezember 2009

Die Handwerker, der Nervenzusammenbruch und das digitale Satellitenfernsehen

Eine nicht so kurze Kurzgeschichte

Da saß ich nun die letzten Tage, und freute mir ein Bein aus. Die TV Anlage meines Hauses, die vor 10 Jahren bereits "veraltet" genannt werden konnte, wird erneuert. Okay, die Hausverwaltung tat das nicht freiwillig, sondern weil das analoge Satellitensignal ab Januar abgeschaltet wird und dann keiner mehr Fernsehen hätte, und weil die Frequenz des analogen Hausnetzes für Behördenfunk verwendet wird und die private Nutzung daher untersagt wird.

In Aussicht stand jetzt also eine digitale Mehrbenutzer Sat-Anlage einer großen Sat-Equipment-Hersteller-Firma. Aufgrund des eigenen Mehrbenutzerprotokolls kann man auch nur die Receiver des gleichen Herstellers nehmen. Eine schnelle Recherche hat gezeigt, daß die Geräte zwar leicht teurer sind als die Wald- und Wiesenmarken, aber durchaus bezahlbar und qualitativ hochwertig. Habe mich dann gleich für einen HD fähigen Receiver entschieden, der nebenbei auch noch auf USB Speichergeräte aufzeichnen kann.

Dann musste ich noch schnell ein Problem lösen: Die ausführende Elektrofirma meinte, daß es ja für niemanden ein Problem sei, werktags von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr nonstop verfügbar zu sein. In einem kurzen Anruf erklärte ich dem Firmeninhaber dann mal schnell, wie ich an das Geld gelange, das so ein Receiver kostet. Habe ihm dann als Alternative angeboten, entweder bis 9:30 frühs da zu sein oder ab 16:30 abends. Nach etwas Bedenkzeit wählte der Mann dann die erstere Option.

So ging es heute also los, ab 8:00 Uhr saß ich fröhlich in meiner Wohnung in Erwartung des qualitativ hochwertigen Unterhaltungsprogrammes, ermöglicht durch einen Techniker, der doch sicher jede Minute klingeln wird. Soll ich mir noch einen Kaffee machen? Ach was, der ist sicher gleich da.

[Time Warp]

Um 9:00 Uhr, 2 Kaffee später, begann ich dann nervös zu werden, den Gedanken im Hinterkopf, daß der Mann ja nicht bis 9:30 Uhr ankommen kann, sondern dann schon fertig sein sollte, damit ich noch innerhalb der Kernarbeitszeit in der Arbeit ankommen konnte.

Um 9:10 stellte ich dann mit einem Überraschungsangriff einen der Techniker im Treppenhaus und fast ohne Gewaltandrohung hat er dann rausgerückt, daß es mit 9:30 ein bissl eng werden könnte.

Um 9:40 Uhr habe ich dann einen Zettel an die Wohnungstür gehängt, auf dem meine Telefonnummer und die Info stand, daß ich in der Lage sei, nach Anruf innerhalb 20 Minuten in der Wohnung zu sein. Leicht geknickt ob der vergeudeten Zeit bin ich dann in die Arbeit gefahren.

Um 11 Uhr kam dann der erwartete Anruf und ich düste zur Wohnung. Alles lief wie am Schnürchen, nur 3 Minuten nach meiner Ankunft klingelte der Techniker und tauschte die TV Dose aus. Nach einem Blick durch meine Wohnung kam er wohl zu dem Schluß, ich müsse wohl recht technik-affin sein und meinte fröhlich: "Den Receiver können Sie sicher einrichten, nicht wahr?"

Nachdem ich ihn gefragt hatte, ob ihm wohl der Socken brennt, hab ich ihm erklärt, was er da im Dach gerade installiert hat, daß das eine Mehrbenutzeranlage sei, die mit Einkabeltechnik arbeitet, bei der der installierende Elektriker für jeden Receiver im Haus eine eigene Frequenz vergibt, die man dann dort eintragen muß und über die der Receiver dann mit der Anlage redet. Und die kann ich nun wohl schwerlich wissen.

"Oh. Äh... Ah ja. Ja dann müssen Se sich noch 10-20 Minuten gedulden, dann kommt noch jemand anderes vorbei". Mit einem Gesicht, das meine Stimmung deutlich klar machte, teilte ich ihm freundlich mit, daß ich über eine kürzere Zeitspanne sehr erfreut wäre.

Und ich war erfreut. Nur 3 Minuten später stand eben jener wieder vor meiner Tür und will die Einrichtung durchführen. Ich fragte mich noch, ob der Mann vielleicht unter dissoziativer Identitätsstörung leide, oder ob er eben vom Kollegen/Chef einen High-Speed Crash Kurs bekommen hat, oder woher er jetzt das ganze nötige Wissen her bekommen hätte. Nun, die Antwort war so einfach wie offensichtlich: Er hatte das Wissen nicht. Schnell fand er sich mit der Anleitung des Receivers in dem Menü wieder, in dem man die Frequenz zur Kommunikation mit der Anlage einstellt und wirkte dann etwas überrascht. Was mich wunderte, denn genau das hatte ich ihm eben erst erklärt. Mit einem "Oh. Da muß ich mal den Chef fragen, eine Sekunde" entschwand der Mann wieder, ließ ohne zu fragen meine Wohnungstür angelehnt (was meine Katzen sehr interessant fanden) und dann.. ja.... dann wartete ich.

Nach 20 Minuten konnte ich dann meinen vorher bereits erfolgreich eingesetzten Elektriker-Ambush im Treppenhaus erneut durchführen und konnte die Info ergattern: "Ja nee, äh, sorry... Das kann noch bissl dauern, wir haben oben gar kein Signal."

Kein Signal. Ja. Man hat mich aus der Arbeit hergerufen, und hat vorher noch nicht mal oben das Signal geprüft. Ich hatte in der Arbeit noch nichts besonderes angegeben, ich war sozusagen nur in einer frühen externen Mittagspause. Und so wartete ich ein bissl. Und noch ein Bissl. Und noch ein paar weitere Bissl. Inzwischen versuchte ich, per VPN etwas von der Arbeit zu erledigen, die ich eigentlich dort vor Ort erledigen sollte.

[Time Warp]

Und ich konnte ganz schön viel erledigen. Die ganzen Bissls hatten sich schon zu 2,5 Stunden summiert, als es endlich wieder klingelte. Diesmal hatte der Techniker von eben Unterstützung dabei. Er dachte sich wohl, "zu dem Kunden trau ich mich nur noch hin, wenn ich den Chef vor mir herschiebe." Das tat er denn auch. Zu zweit rauschte der Elektriker-Zug bei mir ein, die Wohnungstür weit offen lassend. Nachdem ich die Tür geschlossen und die Katzen abgezählt hatte, sah ich sie dann zu zweit vor meinem TV stehen, der Boss natürlich die "Fernbedienung der Macht (tm)" in den Händen. Navigierte wieder ins selbe Untermenü und *tadaaaa* fragte seinen (vermutlichen) AZuBi: "Sag mal, die Com-Frequenz stimmt aber so nicht. Wie ist denn die?"

Während die beiden also ihre Unterlagen durchblätterten, versuchte ich verzweifelt, zu verhindern, daß mir das Hirn zum Ohr hinaus floss. Immerhin: Sie fanden endlich die Information, setzen die richtige Frequenz und dann: Waren sie überrascht. Der Lichtblick des Tages für mich waren nämlich ihre Gesichter, denn sobald ich auf meinem Bildschirm Farben entdeckte, die weder von einer Hirnblutung, noch von Magic Mushrooms stammen konnten, habe ich beide insta-booted. Sie saßen vor meiner Wohnungstür, bevor sie auch nur "Funktioniert jetzt!" sagen konnten.

Das Ende des Liedes ist: Ich muß im Nachhinein meinen letzten halben Urlaubstag verbuchen lassen, um nicht bis 20:30 Uhr arbeiten zu müssen, ich habe den Tag kaum was geschafft, laufe aber trotzdem auf dem Zahnfleisch. Und gleich kann ich nach Hause und digitales Satellitenfernsehen zu genießen, und mein HD Fernseher wird mich nicht mehr mit Mega-Moires und Uber-Pixeln quälen müssen.

Danke, liebe Leser, daß ihr mich auf dieser Odyssee bis zu diesem letzten Satz begleitet habt :)

Euer Daniel